12 von 12: Mein 12. August 2023: In Chicago

Samstag, der 12. August 2023 ist der 224. Tag des gregorianischen Kalenders, somit bleiben 141 Tage bis zum Jahresende. Nach einer stürmischen und durchmischten Woche ist das Wetter in Wien wieder sommerlich. So wie ein Augusttag sein soll – sonnig und warm, aber keine Hitzewelle.

Ich mache mich auf den Weg zur U1 Kaisermühlen, denn dort gibt es heute einen kleinen Gemüsemarkt. Am Weg dorthin treffe ich auf drei Personen, die ich spontan anspreche und sie frage, ob ich ein Foto von ihnen für meinen Blogartikel machen darf.

#01: Wie mir Dr. Google mitteilt, sind sie zur Aninite, der größten Anime- und Manga-Convention Österreichs unterwegs, die dieses Wochenende im Austria Center stattfindet.

Am Gemüsemarkt angekommen, interessieren mich vor allem die Zwiebel. Aber ich kaufe auch Paradeiser und grüne Paprika.

#02: Frisches Gemüse!

Am 12. August 1833, d.h. vor 190 Jahren, wird Chicago offiziell gegründet. Die Bezeichnung geht auf den Begriff „Checagou“ oder „Checaguar“ zurück, der so viel wie „wilde Zwiebel“ oder „Stinktier“ bedeutet. Es leben gerade einmal 350 Menschen in diesem Dorf. Vier Jahre später sind es immerhin schon 4.200 und knapp 50 Jahre später (1880) ist die Stadt auf 500.000 Einwohner und Einwohnerinnen angewachsen.

#03: Mein Tribut für Chicago: Ich kaufe frische rote Zwiebel. Das Y ist symbolisiert die drei Arme des Chicago River. Man findet es auf vielen Gebäuden der Stadt. Ich finde es in der Scrabble Box.

Mit Chicago verbinde ich das „Bordello Cookbook“, das ich vor vielen Jahren gekauft habe – und das bisher alle Ausmist-Wellen überstanden hat. Es beinhaltet viele raffinierte Rezepte, von denen ich so einige nachgekocht habe.

#04: The Bordello Cookbook: Immer noch im Einsatz und genauso verführerisch, wie vor 22 Jahren, als ich es gekauft habe.

Aida und Minna Everleigh – aka Everleigh Sisters – kommen 1899 nach Chicago. Sie haben den Tipp bekommen, dass Chicago ein Ort sei, an dem es viele Männer mit viel Geld und geringen Moralvorstellungen gebe. Die beiden Schwestern kaufen ein Bordell im berüchtigten Levee District und geben dem 50-Zimmer-Herrenhaus eine komplette Umgestaltung. Sie statten es mit Seidenvorhängen, orientalischen Teppichen, goldenen Spucknäpfen, einem goldenen Klavier, Messingbetten und Badezimmern aus.

Derartig luxuriöse Einrichtungsgegenstände habe ich nicht in meiner Wohnung. Auch Wolfgang Sobotka, der mit der Aufstellung eines goldenen Klaviers fürs Parlament in die Schlagzeilen geraten ist, kann ich telefonisch nicht erreichen. Ich mache mich daher auf die Suche nach Gold in meiner Wohnung.

#05: Maria und das Jesuskind: Dieses kleine Bild war das erste Bild, das vor 20 Jahren in meine Wohnung gekommen ist. Ich kann mich noch genau an den Flohmarkt im Deutschordenshaus im 1. Wiener Gemeindebezirk erinnern. Heißblütige spanische Padres (zumindest ist es mir damals so vorgekommen) haben im Innenhof diverse 2nd Hand Devotionalien angeboten. Ich weiß also, wie es ist, wenn man Spontankäufe bei gutaussehenden Verkäufern macht! 🙂
#06: Twinangels: Eine meiner Lieblingsdekorationen. Falsch! Ich habe ausschließlich Lieblingsdekorationen in der Wohnung. Die kussmündigen Twinangels (so habe ich sie getauft) lebten in einem mexikanischen Laden in Seattle. Ich habe sie in meinen Koffer gepackt (sie natürlich vorher bezahlt) und über den Atlantik mit nach Wien genommen.
#07: Meinen Botero habe ich bei einem Straßenhändler in New York gekauft. Er wollte partout nicht mit sich handeln lassen und hat wohl erkannt, wie gut mir das Bild gefällt. Ich habe es schlussendlich inklusive Rahmen um 24$ erstanden und es ist seither in meinem Besitz.

Wenn du sehen willst, wie das Innere von Minnas und Aidas Haus ausgeschaut hat, kannst du -> hier <- nachlesen und nachschauen. Ein Traum für eine Ausmist-Expertin – oder auch nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass jedes einzelne Stück für Aida und Minna joy gesparkt hat!

Aida übernimmt die Leitung und ist für die Rekrutierung der Mitarbeiterinnen zuständig, die sie „Schmetterlinge“ nennt. Sie sollen belesen, charmant, attraktiv und erfahren sein. „Ich spreche mit jeder Bewerberin selbst“, sagt Aida. „Sie muss schon woanders gearbeitet haben, bevor wir sie engagieren. Wir mögen keine Amateurinnen.“

#08: Heute muss auch die Familie am 12-von-12 mitarbeiten. Das wunderschöne Schmetterlingsfoto wurde mir von einem äußerst talentierten Fotografen zur Verfügung gestellt.

Aida und Minna sind nicht nur die führenden Madams (Bordellbesitzerinnen) der Stadt, sondern sie sorgen auch für opulente Dinners. Diese Rezepte habe ich schon nachgekocht:

  • Brandied Beef
  • Pheasant Supreme Everleigh (da es in Wien Fasan so selten gibt, verwende ich Hühnerfilet)
  • Gin Buck (kann auch als Allheilmittel gegen einen Kater eingesetzt werden)
  • Rum Runner’s Rum Balls (perfekt für Weihnachten)
  • Brandied Peach and Berry Cobbler (ein himmlisches Dessert)
  • Groom’s Cake Divine (für Heiratswillige)
  • Cheese Chips
  • Citrus Salad

Alle diese Gerichte sind verführerisch, aber ziemlich kalorienreich. Daher gibt es sie – außer dem Citrus Salad – nur in Ausnahmefällen. Heute esse ich – wie fast jeden Tag – ein Müsli, ein Mittagsmüsli. Lange habe ich damit gehadert, denn ich vertrage Müsli zum Frühstück in Kombination mit Kaffee nicht. Aber zu Mittag oder am frühen Nachmittag fühlt sich mein Magen bereit dafür.

#09: Haferflocken, Hafermark und Leinsamen (mit Hafermilch und Wasser angesetzt), Kürbiskerne, Walnüsse, Kurkuma, viel Zimt (ich liebe Zimt), 1/2 Apfel, 1/2 Banane, Heidelbeeren – manchmal rühre ich auch noch Magertopfen darunter. Denn ich achte inzwischen sehr auf meine Eiweißzufuhr.

Meine Tochter meint: Warum fliegst du nicht einfach nach Chicago? Das könntest du doch machen! Jetzt, wo du in Pension bist! Ich bevorzuge es allerdings, in den 3. Wiener Gemeindebezirk zu fahren und mir die verfallene Mautner Villa anzuschauen.

Am Weg dorthin mache ich einen kleinen Abstecher in die Donaucity mit ihren Türmen. Das ist genug Chicago-Feeling für mich.

#10: Der DC-Tower in der Donaucity

Es geht via Stephansplatz zum Kardinal-Nagl-Platz und hoch die Rabenhofgasse bis zur Landstraßer Hauptstraße, wo die Villa steht. Genauso stelle ich mir das Everleigh Herrenhaus vor, nachdem Minna und Aida es samt goldenem Klavier und 2 Millionen Dollar verlassen haben und es dem Verfall preisgegeben war.

#11: Landstraßer Hauptstraße 140-142. Das denkmalgeschützte Gebäude wird renoviert und hoffentlich bald in neuem Glanz erstrahlen.

Ich gehe noch auf einen kurzen Besuch in die Herz-Jesu-Kirche, eine neuromantische Basilika, die vis-a-vis der Mautner-Villa steht. Im riesigen und mit Weihrauch geschwängerten Innenraum der Kirche stoße ich auf folgendes Bild:

#12: Landstraßer Hauptstraße 137. Herz-Jesu-Kirche. Ich stelle zufrieden fest, dass der Abbé Peter Viktor Braun schon lange bevor es überhaupt ein Thema wurde, richtig gegendert hat! Wahrscheinlich wurde aus genau diesem Grund der Seligsprechungsprozess eingeleitet.

Als begeisterte Hörerin des Podcasts „Klenk und Reiter: Geschichten aus der Gerichtsmedizin“ weiß ich natürlich, dass Professor Reiter normalerweise bei den Enterdigungen von künftigen Seligen oder Heiligen dabei ist. Damit überhaupt ein Seligsprechungsprozess beginnen kann, muss es vorher ein Wunder oder besser zwei gegeben haben. Leider bringt meine schnelle Internetrecherche diesbezüglich keine Erkenntnisse. Weder wird über Wunder berichtet, noch ob der umtriebige Reiter überhaupt tätig wurde.

Die kirchlichen Mühlen mahlen langsam. Das Seligsprechungsverfahren für Viktor Braun wurde 1991 von der Erzdiözese Wien eingeleitet. 2003 kam der Prozess in der Diözese zu einem positiven Abschluss. Seit 2007 ermittelt Rom. 32 Jahre! Ich sage, das ist ein Cold Case!

Schon sehr langsam! Wenn du deine Wohnung oder dein Haus etwas flotter ausmisten bzw. entrümpeln möchtest: Hier geht’s zum Schnelldurchgang in 30 Tagen! In 30 Tagen durch das Haus, aka „Die 30-Tage-Ausmist-Challenge“. Wie es funktioniert erfährst du hier:

Der Tag neigt sich dem Ende zu und ich verabschiede mich mit dem Gruß, der – wenn man der Legende glaubt – von der Großmutter der berühmt-berüchtigten Schwestern immer verwendet wurde:

Everly yours!

An jedem 12. des Monats dokumentiere ich seit dem 12. Juni 2021 diesen Tag mit 12 Bildern. Aber schau einfach selbst! Wenn du Sponsor für meine 12-von-12-Storys sein möchtest, dann schick mir eine E-Mail.

16 Gedanken zu „12 von 12: Mein 12. August 2023: In Chicago

  1. If I didn’t know better, I’d say the Botero original that hangs on your wall is actually a portrait of a typical Chicago family. Well-fed—too well fed, to tell the truth—and, if paintings could talk, these three would talk loudly. Some say the reason that even Chicago babies cry in baritone is to be heard over the winds that whip off Lake Michigan. Others say they learn to speak loudly from birth and from their mothers whose voices always drown out those of their hapless fathers. I’ve heard that nothing beats a visit to a Chicago bordello unless you’re lucky enough to score free tickets to a Chicago Bears football or a Chicago Cubs baseball game! If you ask me, if you want my honest opinion, I’d opt for the former. Bordello food’s plentiful and much, much tastier!

  2. Großartig wie immer, liebe Uli, wo zauberst du nur immer all diese Hintergrundinformationen her?! Sehr investigativ, lehrreich – und natürlich unterhaltsam! Danke für diesen geschichtlichen Streifzug durch Wien und Chicago.
    Liebe Grüße
    Nicole

    1. Liebe Nicole, vielen herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ich glaube, das ist auch ein positiver Nebeneffekt vom Ausmustern (da muss ich mal einen eigenen Artikel darüber schreiben), dass man dann eben nur die Sachen hat, die eine spezielle Bedeutung haben, wie z.B. dieses Kochbuch. Ich kann mich noch sehr gut erinnern, wie ich damals (vor 22 Jahren) schon über die Everleigh Schwestern recherchiert habe. Über diese Scheinheiligkeit der damaligen Zeit …

  3. Liebe Uli,

    erstmal Respekt, dass du einfach so die drei Menschen angesprochen und gefragt hast, ob du sie fotografieren darfst 🙂 Und noch schöner, dass sie alle drei „Ja“ gesagt haben 🙂
    Übrigens fand ich deine Formulierung: „Ich habe ausschließlich Lieblingsdekorationen in der Wohnung.“ total ansprechend 🙂

    Danke, dass du mich und alle anderen BloggerInnen mit auf die Reise durch deinen 12. August genommen hast- ich freue mich schon auf den 12. September 🙂

    Liebe Grüße

    Anja

    1. Vielen Dank für dein Feedback, liebe Anja! Was für eine kreative Idee, deinen Blog „Dopamin zum Frühstück“ zu nennen! Die drei habe ich spontan angesprochen und ich mache das öfter, dass ich fremde Menschen anspreche. Meistens freuen sich alle über ein wenig Kommunikation.
      12-von-12 gehört zu meinen absoluten Lieblingsformaten und ich mache seit Juni 2021 mit.
      LG – Uli

  4. Liebe Uli,

    Dein „12 von 12“ hat mich mit diesen beiden Fragen zurückgelassen:
    1. Was sind Paradeiser?
    2. Was ist Hafermark? Wenn ich das hier finde, kann ich Dein Müsli „nachkochen“.

    Von den vielen schönen Bildern abgesehen liebe ich die Geschichtslektionen, die Du so oft unterjubelst. 🙃

    Und das Haus soll meiner Meinung nach so bleiben, wie es ist. Es sieht sooo schön aus!

    Danke fürs Mitnehmen!

    1. Liebe Sabine,
      Paradeiser sind Tomaten 🙂
      Vielleicht kennst du es als Haferkleie – es ist feinkörniger als Haferflocken. Ich verwende sie fürs Müsli, aber man kann sie auch z.B. dazumischen, wenn man Zucchini oder Hirselaibchen machen will.Gibt’s bei DM.
      Essen und historische Begebenheiten liebe ich auch. Die wird es sicher immer in meinen 12-von-12-Artikeln geben.
      LG – Uli

  5. Vielen Dank für die Einblicke in deine schönen Funde, die deine Wohnung zieren. Habe sie gleich wiedererkannt 😉 An der Villa bin ich nach dem Besuch der Frida-Kahlo-Ausstellung in der Marxhalle neulich auch entlang geschlendert und habe mich gefragt, wie man so ein schönes Anwesen verfallen lassen kann. Wie gut, dass sie bald restauriert wird.

    1. Normalerweise sollte man auch in den Garten der verfallenen Villa hineingehen können, aber gerade gestern war irgendeine Veranstaltung geplant, wo Aufbauarbeiten durchgeführt wurden. Die Villa ist derzeit noch ein wunderschöner Lost Place – aber es gibt schon Pläne, sie zu restaurieren. Bin gespannt.
      Die Frida-Kahlo-Ausstellung steht auch noch auf meinem Programm.
      LG – Uli

  6. Liebe Uli,
    leiwand, dein Artikel! Ich hoffe, so sagt man das in Österreich.

    Sehr informativ und gleichzeitig sehr amüsant, ich werde spätestens am 12.09. wieder vorbeischauen.

    Was mich natürlich-als Neuleserin- noch interessieren würde: Woher kommt denn deine Verbundenheit mit Chiago?

    Herzliche Grüße
    Carolin

    1. Liebe Carolin! Genauso sagt man es in Wien – und ich freue mich über deine leiwande Rückmeldung! 🙂
      Ich war mal vor sehr vielen Jahren (sicher 30 Jahre her) in Chicago – zum 12-von-12 hat mich das Kochbuch inspiriert und die berühmt-berüchtigten Everleigh Schwestern.
      LG – Uli

  7. Danke Uli für diesen köstlichen Lesegenuss.
    Es braucht weder Flugzeug noch Schiff um weit zu reisen. Und in jedem Gegenstand wohnt eine Geschichte. Du hast sie meisterlich dem Hut gezaubert … so wie immer!
    Ich freue mich schon auf dein nächstes 12 von 12.

    Liebe Grüße Romy

Kommentarfunktion geschlossen