Welche Strategien verwendest du, um deine Wut abzubauen, fragt Anita Griebl in ihrer Blogparade. Wut kann sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein – wie so oft, kommt es darauf an.
1. Wut zulassen
Von Kindesbeinen an wird vielen von uns eingetrichtert, wie schlecht und böse Wut sei. Besonders dann, wenn wir weiblich sind und zur Generation 50+ gehören.
Wenn du das Gefühl hast, die Wut in dich hineinfressen zu müssen und du dir nicht einmal zugestehst, wütend sein zu dürfen, dann steht an erster Stelle: Lass deine Wut zu!
Du darfst wütend sein!
Vielleicht gehörst du zu den Frauen, die damit aufgewachsen sind, sich klein und dünn und lieb und nett zu verhalten. Für Harmonie zu sorgen. Alles zusammenzuhalten. Die anstehenden Hausarbeiten ohne Murren zu erledigen. Zusätzlich zu einem Vollzeitjob.
Vielleicht ist es üblich, dass du übersehen wirst. Dass auf deinen Gefühlen herumgetrampelt wird und du dennoch das Gefühl hast, ständig danke sagen zu müssen.
Vielleicht bist du auf einen dieser toxisch-positiven Coaches getroffen, die dir einreden wollen, dass du ausschließlich positiv denken darfst.
Es ist in Ordnung, dass du eine Scheiß Wut hast!
Nichts daran ist falsch. Lass die Beschwichtiger (das-ist-doch-alles-nicht-so-schlimm oder das-ist-doch-nur-so-eine-Kleinigkeit) links liegen. Lass dir nicht vorschreiben, worüber du wütend sein darfst und worüber nicht.
Bei den sogenannten positiven Gefühlen sagt auch niemand: Ach, über dieses Glas Wasser bist du jetzt glücklich? Was ist bloß los mit dir? Bei Wut oder Trauer wird hingegen sehr oft beschwichtigt und relativiert. Anderen geht es doch noch viel schlechter und jetzt reiß dich doch endlich mal zusammen!
Vielleicht spürst du deine Wut, während du diese Zeilen liest. Ich habe sie beim Schreiben dieses Textes immer wieder gespürt. Gut so!
Wut kann ein produktives Gefühl sein. Wenn du Wut langfristig immer unterdrückst, weil alles immer Happy Sunshine sein soll und die Harmonie unter allen Umständen immer erhalten bleiben soll, kann sich dieses ständige Unter-den-Teppich-kehren jedoch äußerst destruktiv auswirken. Nach innen sowie nach außen.
Wut will dich – genauso wie Schmerz oder Entzündungen im Körper – auf etwas aufmerksam machen, das in deinem Leben nicht im Gleichgewicht ist.
Disclaimer:
Ich meine nicht, dass du den Menschen in deinem Umfeld zerstörerische Gewalt angedeihen lassen sollst, dass du im Beisein deiner Familie das ganze Porzellan an die Wand werfen und solange schreien sollst, bis die Nachbarn den Notruf wählen.
Ich meine damit auch nicht, dass du dich den Hatern anschließen und völlig bedenkenlos rassistischen oder antisemitischen oder sonstigen Schwachsinn im Netz verbreiten sollst.
Und ich meine damit auch nicht, dass Vandalismus in Ordnung wäre und du dich einem grölenden Mob, der angetrunken durch die Straßen torkelt, anschließen solltest.
Das alles sind falsche und ungeeignete Ventile. Ventile, an denen manchmal durch gezielte Manipulation und Streuen von Verschwörungserzählungen geschraubt wird.
Was kannst du also tun?
2. Wut loslassen
Wütend sein alleine reicht nicht. Es gilt, Wege zu suchen, um diese Wut loszulassen, d.h. die Wut muss dein System verlassen. Je länger du die Wut unterdrückst, desto destruktiver und gewaltiger wird der Ausbruch oder desto mieser wirst du dich fühlen, wenn du alles immer weiter in dich hineinfrisst.
Dann reicht schon eine Kleinigkeit, um eine riesige Wutexplosion auszulösen.
Daher ist es empfehlenswert, dir schon im Vorfeld zu überlegen, welche Strategien du im Akutfall zur Verfügung hast, wenn du spürst, wie dein Wutlevel steigt.
Schreien, ausgemusterte Tassen auf den Boden werfen, einen Boxsack oder ein Kissen bearbeiten, Rad fahren, laufen, tief ein- und ausatmen, langsam bis 10 zählen, in ein anderes Zimmer gehen – das sind alles ausgezeichnete Methoden zur Akuthilfe und Symptombekämpfung.
Achte aber darauf, dass du bestenfalls alleine bist und niemanden verängstigst oder verletzt, wenn du das Ventil öffnest.
3. Wut analysieren
Wenn die akute Wut dein System verlassen hat und du dabei bist, die Scherben zusammenzukehren, dann hast du wieder genug Ruhe, um deine Wut zu analysieren.
In vielen Fällen sind die Auslöser ganz banal. Vielleicht bist du wütend, weil sich jemand rüde vorgedrängt hat oder weil du am Telefon ewig in der Warteschlange wir-nehmen-uns-Zeit-für-alle-unsere-Kunden warten musst oder weil gefühlt immer du diejenige bist, die in der Familie alles organisieren muss – und dann noch jemand über den frisch gewischten Boden latscht. Oder du kochst schon innerlich, weil der Kellner demonstrativ in die andere Richtung schaut und dich geflissentlich übersieht.
Dann reicht schon der berühmte Funke und du steuerst auf einen Wutanfall zu.
Die Wut hat aber meistens viel tiefere Wurzeln und Gründe. Vielleicht fühlst du dich schon seit Kindertagen nicht gesehen, übergangen, in die Ecke gedrängt, als jemand, deren Gefühle nicht wichtig genommen werden. Als jemand, der ganz selbstverständlich für die anderen da sein soll, ansonsten aber nicht wertgeschätzt wird. Vielleicht bist du schon lange in der Rolle der ultimativen Kümmererin.
Haben wir kein Salz, sagt Johannes beim Abendessen, sagt es genau so: Haben wir kein Salz, und nicht einmal in Helenes Richtung.
Marlene Fallwickl: Die Wut, die bleibt
Helene, Mutter von drei Kindern, steht beim Abendessen auf, geht zum Balkon und stürzt sich ohne ein Wort in den Tod. Das ist die Szene, mit welcher der Roman – Die Wut, die bleibt – beginnt.
Wenn du wütend bist, versuche die tieferen Ursachen dieser Wut zu erkennen und diese Ursachen (mit psychologischer Hilfe) aufzuarbeiten. Vielleicht ziehst du (unbewusst) die Wut vor, damit du nicht in die Trauer fällst.
4. Wut-Prävention
Was helfen kann:
- Grenzen setzen.
- Nein sagen lernen.
- Einen Raum für dich haben, in dem nicht jede/r ungefragt herumtrampeln kann.
- Zeit für dich alleine.
- Unterstützung suchen und annehmen.
Führe ein Wut-Tagebuch. Versuche, die Hintergründe deiner vielleicht banal erscheinenden Wut zu erkennen. Was sind deine Wut-Auslöser? Kannst du zusätzlich zur Bearbeitung deiner inneren Themen potenzielle Wut-Situationen im Außen meiden oder entschärfen?
Bei mir sind solche potenziellen Wut-Auslöser Menschenmassen, Warteschlangen und Gedränge. Daher vermeide ich Orte bzw. Zeiten, bei denen ich große Menschenansammlungen erwarte. Im öffentlichen Raum bin ich seit Jahrzehnten antizyklisch unterwegs, wann immer es nur möglich ist.
Ich brauche genug Raum – sowohl psychisch als auch physisch. Diesen Raum zu schaffen und mich mit den essenziellen und von mir geschätzten Menschen und Dingen zu umgeben, ist mir sehr wichtig.
5. Wut, Sachen ausmisten und Ordnung schaffen
Sich von unnützen, ungeliebten, mental belastenden und platzraubenden Sachen zu befreien, beruhigt und macht Raum für ein neues – leichteres – Leben. Oft hören und lesen wir, wie wichtig es sei, immer mehr zu haben. Ich finde, das ist eine glatte Lüge; aufgetischt, um dir etwas zu verkaufen.
Du brauchst nicht mehr Gegenstände und noch mehr Verpflichtungen, sondern
- mehr Freude
- mehr Ruhe
- mehr Zeit
- mehr Begegnungen
- mehr Erlebnisse
- mehr Freiheit
So kannst du Wut produktiv nützen:
5.1 Wut als Energiequelle
Wenn du wütend bist, kann das Ausmisten und Ordnung schaffen überschüssige Wut-Energie kanalisieren. Physische Aufgaben beruhigen und du schaffst gleichzeitig mehr Raum für dich.
5.2 Symbolische Handlung
Das Ausmisten ist eine symbolische Handlung. Du lässt los und fängst neu an. Indem du dich von unnötigen Gegenständen trennst, befreist du dich auch emotional von Gefühlen, die an diesen Gegenständen hängen. Du ziehst durch die physische Trennung auch einen mentalen Schlussstrich.
5.3 Kontrolle und Entscheidungsstärke
Wut kann aus einem Gefühl des Kontrollverlusts resultieren. Ordnung schaffen oder Dinge ausmisten gibt dir ein großartiges Gefühl der Kontrolle über deine Umgebung. Mit jedem Gegenstand, der dich verlässt, triffst du eine aktive Entscheidung. Du gewinnst die Kontrolle über dein Umfeld zurück.
Zusätzlich zum wunderbaren Gefühl, endlich aus dem Entscheidungsschwächen-Nebel herauszutreten, beseitigst du auch das Chaos, das möglicherweise zu deiner Wut beigetragen hat.
5.4 Mentale und emotionale Klarheit
Das Schaffen von Ordnung hilft, mentalen Ballast abzubauen und schafft nicht nur äußerliche, sondern auch innere Klarheit. Nichts ist schöner, als endlich klar zu sehen.
5.5 Loslassen von Ballast
Wut kann durch alte und unbearbeitete Probleme ausgelöst werden, die symbolisch in alten Gegenständen festgehalten werden. Durch das Ausmisten schaffst du Platz für Neues, sowohl physisch als auch emotional.
5.6 Stressreduktion durch Ordnung
Unordnung kann eine Quelle von Stress und Frustration sein und das kann wiederum Wut begünstigen und auslösen. Indem du Ordnung schaffst, beseitigst du diese Stressfaktoren und du fühlst dich ruhiger und zufriedener.
5.7 Was du jetzt tun kannst
Vielleicht hast du beim Lesen dieses Artikels mehrmals genickt und vielleicht möchtest du gleich loslegen und die positive Energie eines ausgemisteten Wohnraums spüren. Vielleicht ist es Zeit, mit dem alten Zeug aufzuräumen und mutig den Raum für Neues zu schaffen.
Starte diesen Weg mit der 30-Tage-Ausmist-Challenge – und befreie dich vom verstaubten Gerümpel, das dir die Sicht für die wirklich wichtigen Sachen schon so lange vernebelt.
5.8 In eigener Sache
Ich freue mich, wenn du mir einen Kommentar für diesen Artikel hinterlässt und ihn teilst. So unterstützt du meine Arbeit und trägst dazu bei, dass mein Blog gefunden und gelesen wird – und auch andere Menschen unterstützt. Das ist mir wirklich wichtig! Vielen Dank!
Wer schreibt hier?
Ich bin Uli Pauer und ich unterstütze dich, Dinge loszuwerden, die für dich nur noch Ballast sind. Sachen, die dir schon lange im Weg und ein Dorn im Auge sind.
Ich liebe es, zu schreiben. Daher sind meine Newsletter auch weit abseits von allgemeinem Blabla. Dich erwarten ungewöhnliche und authentische Geschichten, die meistens einen kleinen Twist haben – und dich unterstützen, mit deinem neuen Leben jetzt zu beginnen.