Malen – eine Leidenschaft. Am Anfang habe ich nur für mich gemalt. Das gemalt, was auf die Leinwand wollte. Das sind manchmal dunkle Farben, dann wieder helle oder laute. Gestisch, massiv oder auch verhalten und zart.
Angela Braster
Ich freue mich ganz besonders, dass es diesmal ins wunderschöne Bundesland Tirol geht. Angela lädt uns ein in ihr Haus, lässt uns teilhaben an ihrem künstlerischen Schaffen und erzählt uns, wie die Bilder an die Wände kommen.
Das Haus mit den leeren Wänden
In unserem ersten Haus gab es keine Bilder.
Nur leere Wände.
Alpina–Weiß.
Rauputz.
Bilder wären schon schön, oder?
Einer von uns beiden kam immer wieder auf das Thema zu sprechen.
Ja, lass uns mal schauen, was uns gefallen könnte.
Beim Bummel durch die großen und kleinen Galerien konnten wir uns nie einigen. Was mir gefiel, gefiel ihm nicht. Und umgekehrt. Ich liebte immer schon abstrakte Kunst. Mein Liebster will es konkret und gegenständlich.
Gut, dann eben nicht. Wir finden schon noch etwas Passendes! Und wir mögen die weißen Wände sowieso sehr!
Wann ist ein Bild ein Bild
Darüber lässt sich trefflich streiten. Für mich ist es dann ein Bild, wenn es eine Bedeutung hat. Vielleicht in einem besonderen Raum, vielleicht in einer passenden Umgebung.
Ist ein Bild Dekoration?
Ja und Nein, denke ich. Natürlich gibt es Bilder oder auch Drucke, die farblich einfach gut mit der Einrichtung eines Raumes harmonieren, die gefallen und vielleicht ein ansprechendes Motiv zeigen.
Wenn sich der Betrachter an dem Bild erfreut, ist alles legitim und richtig. Mir persönlich wäre das allerdings zu wenig. Mit jedem gemalten Bild kommt auch ein Teil des Malers oder der Malerin in meine Räume. Und ich möchte – und erwarte auch – dass es etwas in mir berührt und Resonanz auslöst.
Bilder an die Wand
Das mit den leeren weißen Wänden änderte sich bei uns erst dann, als ich selbst mit dem Malen begann. Die ersten eigenen Werke kamen voller Stolz an die Wände.
Mein Liebster sagte sehr klar und deutlich, was ihm gefiel und was nicht. Wir einigten uns dann, was wo hängen darf.
Für mich sind Malen und Aufhängen eines Bildes zwei unterschiedliche Themen. Beim Malen versinke ich im Flow. Ich bin ganz konzentriert auf die Farben, die Formen, die Komposition. Meine Gedanken zum Thema sind im Vordergrund.
Dem eigentlichen Malen geht ein – manchmal sehr langer – Prozess voraus: Ideen sammeln in Notizbüchern, Skizzen anlegen, überarbeiten, verwerfen, neu beginnen.
Ich male meine Emotionen, meine Gedanken und suche Interpretationsmöglichkeiten, wie ich ausdrücken kann, was mich bewegt. Und wenn jemand vor dem Bild steht, berührt ist und sich angesprochen fühlt, dann findet eine Kommunikation zwischen den Emotionen des Betrachters und mir gänzlich ohne Worte statt. Genau in diesem Moment wird das Bild zum Bild.
Unser Haus in Tirol
Wir lebten mehr als 20 Jahre in Deutschland und es war immer klar, dass wir irgendwann zurück in meine Heimat ziehen werden.
Wir suchten das neue Haus parallel zum Verkauf des bisherigen. Das war eine anstrengende und nervenaufreibende Zeit. 15 Häuser schauten wir uns an.
Das zweite Haus, das uns die Maklerin zeigte, gefiel mir sofort.
Aber ich konnte noch keine Entscheidung treffen.
Nach dem 15. Haus stellte ich fest:
Das zweite ist unseres! Wenn es noch da ist, nehmen wir es.
Und tatsächlich! Es hatte auf uns gewartet, unser Haus!
Nach umfangreichen Renovierungs- und Umbauarbeiten zogen wir ein. Ich begann, mich intensiv mit den Bergen und der Heimatstadt zu beschäftigen. Die Jahre im Ausland hatten meinen Blick auf die vertraute Umgebung verändert.
Fühlte ich mich früher oft begrenzt und eingeschränkt durch die Berge, so erlebte ich sie nach dem Heimkommen eher als Schutz, der mir Geborgenheit und Heimatgefühl vermittelte. Und wenn ich über die Grenzen schauen will, muss ich die Herausforderung des Hinaufgehens annehmen.
Ich erinnere mich an einen Mal-Tag im Atelier. Es war regnerisch und trüb. Die Wolken hingen tief in den Felsen. Zum ersten Mal schaute ich wirklich hin zu den Bergen. Ich beobachtete die Formen, die sich durch die Verdeckung der Wolken zeigten, die Schatten, die die Nebelfetzen warfen. Details, die ich bisher nicht gesehen hatte. Das hat mich inspiriert und meine Malerei völlig verändert.
Meine Bilder dürfen immer einige Zeit bei uns wohnen und leben, dann tausche ich sie wieder aus. Bis auf ein paar wenige, die bleiben, weil sie eine spezielle Bedeutung für mich haben.
Eines meiner Bilder erinnert mich an einen Straßenkünstler in Venedig. Er hatte seine Aquarelle an die Hauswände in der engen Gasse gelehnt. Beim Vorbeigehen sprach er mich an und erzählte in einer abenteuerlichen Sprachkombination aus Englisch, Italienisch und ein wenig Deutsch von seinem Leben als Künstler.
Ich wollte weitergehen, aber er hielt mich immer wieder zurück, erzählte noch etwas, und noch etwas und noch etwas. Am Ende kaufte ich zwei kleine Bilder von ihm. Er war ein richtiges Verkaufsgenie! Eines dieser zwei Bilder hat einen festen Platz in unserem Haus bekommen.
Angela Braster
Die Künstlerin Angela Braster lebt Tirol, in der Nähe von Innsbruck. Vor vielen Jahren begann sie, sich intensiv mit Kunst und Malerei auseinanderzusetzen. Sie studierte an der Abendschule der Städelschule in Frankfurt, an den Kunstakademien Bad Reichenhall und Kolbermoor und bei verschiedenen Künstlern im In- und Ausland.
In ihren Arbeiten geht es um die Umsetzung von Gedanken und Gefühlen in Farbe und Form. Sie zeigt kein realistisches Abbild, sondern persönliche Emotionen.
Mehr über Angela und ihre Werke findest du auf ihrem Blog:
https://angela-braster.jimdo.com/blog/
Bei Facebook:
https://facebook.com/AngelaBrasterArt
Und Instagram:
https://instagram.com/angelabraster
Lust auf noch mehr Wohngespräche? Hier entlang, bitte!
Liebe Angela,
Ist es nicht wunderbar, dass es so viele Ausdrucksformen gibt? Und das Du nun mit dem, was Dich bewegt, deine weißen Wände schmücken kannst? Wundervoll. Damit sind Deine Werke so viel mehr als „nur“ Dekoration. Mir gefällt die Idee, dass Du Deine Bilder austauschst. Das heißt auch, dass sich die Stimmung ändert. Die darf ziehen. Und eine neue erscheinen. Ein wunderbarer Zyklus.
Da denk‘ ich jetzt mal drüber nach…
Liebe Angela
(und natürlich liebe Uli, für deine wirklich inspirierenden Wohngespräche!),
danke für das Teilen deiner Arbeit!
In der Passage über deine Rückkehr in die Berge, die dich früher erdrückten, du jedoch heute die Geborgenheit und ihren Schutz erkennst, habe ich mich wiedergefunden, hier in meinem Tal an der Mosel:-)
Du malst, ich schreibe – und so unterschiedlich doch unsere Technik, so ähnlich unser Antrieb: Ausdrücken, was uns bewegt.
Deine Farben gefallen mir sehr!
Gruß,
Gabi
Liebe Gabi!
Ja! Schreiben und Malen haben ganz viel gemeinsam!
Ich freue mich, dass dir meine Bilder und Farben gefallen!
Herzliche Künstlerinnen-Grüße an die Mosel! 💞 Angela
Liebe Angela, ich musste bei deiner Zeile „Gut, dann eben nicht. Wir finden schon noch etwas Passendes! Und wir mögen die weißen Wände sowieso sehr!“ schon grinsen, denn genauso geht es mir auch. Mir gefällt auch nur, was ich selbst gemalt habe, einfach weil die Bilder dann eine ganz andere Bedeutung haben. Und man soll sich ja mit Sachen umgeben, die eine Bedeutung für einen haben, sonst ist’s wie im Hotel, ne?
Deine Bilder mag ich sehr, und ich kann mir gut vorstellen, dass du für alle den richtigen Platz gefunden hast.
Und ja, die italienischen Straßenhändler können schon sehr überzeugend sein. Gut so, sie leben ja davon.
Liebe Grüße und danke sehr für die Führung durch deine private Ausstellung
Ulrike
Ganz genau! sich mit den Dingen umgeben, die uns gut tun und uns Freude machen! 💞 Danke für deinen Kommentar! LG Angela
Die Wände haben auf Deine Bilder gewartet 😉 … Danke für den Einblick 😍
Liebe Angelika!
Du hast recht: Haus und Wände haben auf mich gewartet! 🥰🥰
Liebe Grüße Angela