12von12 feiert das 1-jährige Jubiläum! Yeah! Mein erster 12von12 Artikel erschien am 12. Juni 2021, somit ist heute 12mal12. Ich liebe dieses Blogformat und mein Ziel ist ein 12von12-Tagebuch, das viele Jahre umfasst.
Der 12. Mai 2022 ist der 132. Tag des gregorianischen Kalenders, somit verbleiben 233 Tage bis zum Jahresende. Das Wetter in Wien ist heiß. Erstmals kratzen wir an der 30 Grad Marke. Das ist etwas verwunderlich, denn heute steht am Heiligenkalender „St. Pankratius“; einer der fünf Eisheiligen. Dieses Jahr sind die Eisheiligen zu Schweißheiligen geworden!
An Pankratius gibt es folgende Bauernregeln, denen man wohl uneingeschränkt zustimmen kann:
- Wenn’s an Pankratius friert, so wird im Garten viel ruiniert.
- Ist Sankt Pankratius schön, wird guten Wein man sehn.
Der Legende nach wurde Pankratius als 14-jähriger Waise zu seinem Onkel nach Rom gebracht, aber schon bald (304 n. Chr.) unter der Herrschaft des Diokletian wegen seines christlichen Glaubens enthauptet.
Ein damaliger True-Crime-Podcast hätte sich so angehört:
Die Eltern sind früh verstorben und der 14-jährige Pankratius wurde von seinem Onkel aufgenommen. Das bedeutete für den Jungen die Übersiedlung von seiner kleinen Landgemeinde in eine unbekannte Großstadt. Der Onkel hat sich kaum um den verstörten und entwurzelten Teenager gekümmert und so ist Pankratius schon früh auf die schiefe Bahn geraten. Er ist einer berüchtigten und gewaltbereiten Jugend-Gang beigetreten, die ihm so etwas wie Familienanschluss gegeben haben. Seine Straftaten wurden jedoch immer mehr und schwerer und so wurde Panki (wie er von seinen Kumpels genannt wurde) nach mehrfachen bedingten Strafen zu einer unbedingten Haftstrafe verurteilt. Aber auch in der Jugendstrafanstalt stellte sich keine Einsicht und Besserung ein. Er endete, wie so viele von diesen verlorenen Jugendlichen, denen es in der Familie an elementarster Fürsorge und Struktur mangelt, KOPFLOS.
Detail am Rande: Selbst nach seinem Tod darf Pankratius nicht in Frieden ruhen, sondern sein (mutmaßliches) Skelett wird bis heute in der schweizerischen Gemeinde Wil als Reliquie öffentlich ausgestellt.
Zu Ehren des Heiligen Pankratius machen mein Mann und ich heute einen Ausflug in die Wiener Innenstadt und unser erster Stopp ist die Naglergasse, wo es im Mittelalter die St. Pankraz Kapelle gab.
„Nagler“ ist eine Verballhornung von „Nadler“. Im mittelalterlichen Zunftwesen stand der Begriff „Nadler“ für die Schmiede, die verschiedene Arten von Nadeln erzeugten und im Bereich rund um die Naglergasse ihr Gewerbe ausübten.
An der Adresse „Am Hof 4 / Naglergasse 24“ stand bis 1575 eine Pankraz Kapelle. Vermutlich ist sie um 1155/1156 entstanden. In einer offiziellen Urkunde scheint sie erstmals 1158 auf. Um die Kapelle brachen über die Jahrhunderte immer wieder Rechtsstreitigkeiten aus, welchem Stift sie unterstellt sein sollte. Bis ins frühe 15. Jahrhundert stand die Kapelle völlig frei. 1461 wurde sie dann dem Schottenstift inkorporiert. Meine Vermutung ist, dass sich die Streitigkeiten weniger um die Kapelle als sakralem Raum als um eine Immobilie in bester Lage drehten.
Ab dem Jahr 1547 mischten dann auch weltliche Würdenträger mit, wie der Baumeister Bonifaz Wolmuet, der hier ein Haus in seinen Plan einzeichnete.
1575 haben zwei Steinmetze und ein Zimmermeister die Kapelle im Auftrag der Stadt Wien begutachtet. Folgender Bericht ist uns erhalten: „Der hölzerne Boden im kirchl ist nichts wert und sammt der kapellen mit russ überzogen und so unsauber zugerichtet durch einen öhler, der darin kerzen gemacht hat.“
Im selben Jahr schreibt der Abt des Schottenstiftes an den Bischof von Wien, Johann Caspar Neubeck, ihn habe der Anrainer Hieronymus Beck darauf aufmerksam gemacht, dass die Kapelle einsturzgefährdet sei. Außerdem seien hier schon viele Jahre keine Gottesdienste mehr gehalten worden, da in der Kapelle Kerzen hergestellt worden seien. Der Bischof möge dem Vorschlag von Herrn Beck, die Kapelle niederzureißen und im Schottenstift einen dem heiligen Pankratius geweihten Altar zu errichten, stattgeben. Dies würde auch dem in schwieriger finanzieller Lage befindlichem Stift entgegenkommen.
Der Bischof lehnte die Demolierung der Pankrazkapelle jedoch postwendend ab und befahl deren Renovierung: „Die Kapelle von jenem Ort wegbringen und demolieren zu lassen, daran denke ich nicht, wie ich auch nicht das Recht hätte, es zu erlauben.“
Ganz genauso wie heute, wurden wohl auch 1575 die Bauarbeiter zur besagten Adresse geschickt, um den Abbruch trotz fehlender Erlaubnis durchzuführen. Ob vielleicht Geld ins Schottenstift und an den Bischof geflossen ist? Ab 1575 fehlt jedenfalls jegliche Erwähnung der Pankrazkapelle. Sie wurde „profaniert“!
Noble Adresse: Der ehemalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk wohnte an der Adresse Naglergasse 2. Dort wurde er auch Opfer des Briefbomben-Attentäters Franz Fuchs. Bei dem Anschlag wurde Zilk schwer verletzt und verlor mehrere Finger.
Wir spazieren weiter zum Tiefen Graben, um dem berühmt-berüchtigten Stundenhotel „Orient“ einen Besuch abzustatten. Hier wurden schon Tatort-Folgen gedreht und auch Szenen des Films „Der dritte Mann“. Laut Standard gehört es zu den originellsten Stundenhotels weltweit. Es ist auch unbeschadet durch die Pandemie gekommen, denn „G’schnackselt und Gegessen wird immer„
Nach so viel Dekadenz wenden wir uns wieder dem Bürgerlichen zu. Es geht weiter zum Gestade, wo wir die schönen Bürgerhäuser aus der Renaissance bewundern. Sightseeing macht jedoch müde und hungrig. Wir beschließen, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen und in eines unserer Lieblingscafés – den Florianihof – zu fahren.
Wir schließen unseren Café-Besuch mit einem „Kleinen Braunen“ und einer köstlichen Zitronentarte ab. Leider war die Tarte schon zum Großteil aufgegessen, als ich an das Foto dachte. Mit dem Bus 13A geht’s wieder nach Hause. Ich bin schon 12von12 kampferprobt, aber mein Mann ist so erschöpft, dass er sich für einen ausgedehnten Nachmittagsschlaf zurückzieht.
Ein Punkt steht noch aus: Die Tarotkarte des Tages!
Wie immer am 12. jeden Monats ziehe ich auch heute eine Tarotkarte und wie immer ist es die XII – Der Gehängte. Die Karte stammt diesmal aus dem Thoth Tarot, das von Aleister Crowley konzipiert und von der Künstlerin Frieda Harris ausgeführt wurde. Aleister Crowleys Leben war bewegt, um es milde auszudrücken.
Im beigefügten Büchlein ist dieser kryptische Text zu lesen: „Lass es nicht zu, dass die Wasser auf denen du reist, dich benetzen. Und am Ufer angekommen, pflanze du den Wein und erfreue dich ohne Scham.“
Traditionellerweise bedeutet der Gehängte eine Zeit der Stagnation und des Wartens. Kommt dir das bekannt vor?
Hängst du vielleicht auch in der Luft, weil du auf eine Entscheidung oder Eingebung wartest? Der Gehängte rät dir, nicht ungeduldig zu werden und dich zu entspannen. Hilfe von außen ist unterwegs. Ja, genauso ist!
Die Rettung ist nah, und zwar in Form der fantastischen Blogger-Challenge BoomBoomBlog, die vom 23. bis zum 29. Mai 2022 mit der „one and only“ Judith Peters stattfindet. Bist du mit dabei und wagst den Sprung in die Blogosphere, wo es endlich Nägel mit Köpfen gibt?
Zur Anmeldung geht’s HIER!
Und welche spannenden Artikel ich zum Thema Ausmisten und Minimalismus schon geschrieben habe, findest du hier:
Danke, dass du mich virtuell an diesem 12. Mai begleitet hast.
Ah, the Hotel Orient! I’ve heard a great deal about this place, all of it good. I understand the rooms are decorated in Early Bordello and the mattresses are replaced every three months. It’s also been said that the cuisine, if you care to snack there, is quite tasty if a bit expensive. And they offer discounts for multi-hour visits, too. Thanks for the tip!
I guess we should’ve gone inside! 😉
Wieder mal ein herrliches, lustig-lehrreiches 12von12 von dir, einfach großartig! Noch ein paar davon, und du kannst ein Büchlein mit diesen tollen Geschichten veröffentlichen. Da vergesse ich beim Lesen glatt, dass du ja eigentlich als Ausmistqueen antrittst, um die Welt zum besseren zu verändern… Deine gar nicht minimalistischen Storys haben da glaube ich fast noch viel mehr Potenzial 🙂 Weiter so!
Herzlichst, Nicole
Danke, liebe Nicole! Stimmt, beim Schreiben der 12von12 bin ich auch maximalistisch unterwegs.
LG – Uli
Wenn es mich nicht beim Lesen so behindern würde, könnte ich mich bei jedem deiner Texte tränenlachend auf dem Fußboden herumkugeln! Liebe Uli, du schreibst so genial! Gerne noch viel mehr davon!!!
Vielen Dank für deinen tollen Kommentar! Genau das möchte ich mit meinen 12von12-Artikeln erreichen – Menschen zum Lachen (und zum Nachdenken) zu bringen.
LG – Uli
Einfach famos, dein 12-von-12-Jubiläum, liebe Uli! Ich freue mich schon auf viele weitere davon, 12 Jahre davon sollen es ja wohl werden, oder?
Danke, liebe Gundula! 12 Jahre sollen es mindestens werden. 😉
Ich könnte dich stundenlang lesen. Einfach herrlich und so lehrreich.
Vielen Dank, liebe Luise! 12von12 ist einfach mein absolutes Lieblingsformat! 😎