Warnung: Dieser Artikel kann deinen Puls erhöhen! Wörter ausmisten ist allerdings unumgänglich, wenn du gute Texte und Texte, die sich von den anderen deutlich abheben, schreiben willst.
Geht unsere schöne deutsche Sprache den Bach runter? Welche 08/15-Formulierungen, Business-Floskeln, Fehler oder Jugendsprech-Ausdrücke gehen dir so richtig auf den Nerv?
fragt Nicole Isermann in ihrer Blogparade
Dass die deutsche Sprache den Bach hinuntergeht, glaube ich nicht. Eine lebende Sprache verändert sich; manche Begriffe und Redewendungen sterben aus oder fühlen sich komplett verstaubt an, andere kommen dafür hinzu. Begriffe aus anderen Sprachen werden eingefügt. Das ist ganz natürlich. So wie sich im Lauf der Zeit neue Moden, Haarschnitte und Staatsformen entwickeln, ändert sich auch die Sprache.
Dennoch nerven mich bestimmte Wörter und Redewendungen. Besonders dann, wenn sie inflationär oder falsch verwendet werden oder um zu suggerieren, dass da etwas wäre, wo gar nichts ist. Diese nichtssagenden Begriffe erinnern mich immer an ein berühmtes Märchen.
Aber er hat ja nichts an, sagte endlich ein kleines Kind!
Hans Christian Andersen: Des Kaisers neue Kleider
Wie schreibst du authentisch und so, dass deine Leserinnen nicht vor Langeweile sterben? Welche Wörter und Begriffe kannst du mitleidlos und ohne Reue ausmisten, damit dein Text nicht nur klangvolle und euphorische, aber nichtssagende Redewendungen enthält, sondern auch einen fundierten Inhalt?
1. Langwierige Einleitungen
Nicole, eine liebe Blogger-Freundin von mir, hat mich eingeladen, bei ihrer Blogparade mitzumachen. Zuerst war ich mir unsicher, ob ich das zeitlich schaffe und ob sich überhaupt jemand für diesen Artikel interessieren würde. Puh! Nun gut! Aber dann fühlte ich mich doch motiviert und habe angefangen zu schreiben und jetzt hoffe ich, dass dir dieser Text gefallen wird, auch wenn es schwierig war, ihn zu schreiben … ob ich bei anderen Blogparaden mitmachen werde, kann ich noch nicht sagen … mal schauen …
Liest du noch oder fühlst du schon die Augenlider schwer werden?
Mühsame, langwierige und unnötig erklärende Einleitungen machen einen Text von Beginn an schwach!
Mein Rat: Komm zum Punkt – und das so schnell wie möglich! Du willst schließlich nicht, dass deine Leserinnen schon zu Beginn aussteigen. Und du bist auch nicht in der Schule, wo früher jeder Aufsatz mit einer Einleitung zu beginnen hatte. Setze stattdessen auf gezieltes Storytelling und einen spannenden Einstieg.
2. Das Hilfsverb „dürfen“
„Dürfen“ ist eigentlich ein ganz harmloses kleines Wort, das sicher schon seit Anbeginn im Duden steht. Dennoch hat es das Potenzial, mich auf die Palme zu bringen.
Früher wurde es in etwa so verwendet:
Mama, Mama! Darf ich ein Eis haben?
Gnädige Frau (zugegeben, das klingt verstaubt), darf ich Ihnen in den Mantel helfen?
„Dürfen“ wurde eingesetzt, um eine Erlaubnis zu erhalten.
Seit einigen Jahren beobachte ich jedoch einen seltsamen und für mich befremdlich wirkenden Paradigmenwechsel beim Wörtchen „dürfen“. Ich lese und höre vermehrt Sätze wie:
- Wenn du merkst, es wird zu viel mit dem Stress, dann darfst du Gegenmaßnahmen ergreifen.
- Du darfst in die Selbstreflexion gehen.
- Ich habe in meinem Leben schon sehr oft lernen dürfen, dass ich angeeckt bin.
- Ich hoffe, dass du jetzt weißt, was du tun darfst.
Mein Puls beschleunigt sich (und das ist nicht gut), denn neben „dürfen“ höre ich eine sanfte und einschläfernde Stimme vor sich hin säuseln, wo ich gerne KLARTEXT hören möchte. Und das regt mich genau so auf, wie süßlich dahinplätschernde Meditationsmusik, die ich mir anhören „darf„.
Beliebig, schwächelnd, ängstlich und vermeidend.
Passiv-aggressiv! Denn als Adressatin von „dürfen“ habe ich dieser milden und unverbindlichen Formulierung wenig entgegenzusetzen.
„Dürfen“ verdrängt das jeweilige Verb. Dürfen ist für mich wie ein schlaffer Händedruck oder eine unverbindliche Option. Weder Fisch noch Fleisch!
Mein Plädoyer: Trau dich, Klartext zu schreiben und zu reden und verstecke dich nicht hinter „dürfen“. Besonders dann, wenn du von dir selbst redest. Du „darfst“ deine Aussagen stark machen. Falsch!!!
Mach deine Aussagen stark!
Sprich mir nach: Ich mache meine Aussagen stark!
3. Das Leben im Konjunktiv
Könnte, würde, hätte, sollte, wäre … und die Verben in der Möglichkeitsform …
Ich habe nichts gegen den Konjunktiv an sich und er hat genauso wie das Hilfsverb „dürfen“ seine Berechtigung, aber hier kommt mein großes ABER: Wenn ein ganzer Text nur so vor Konjunktiven strotzt, dann bewirkt das eine enorme Schwächung des Textes und er wird beliebig.
Deine Leserinnen nehmen dich nicht als Expertin wahr, wenn du dich ständig hinter dem Konjunktiv versteckst und vermeidest, Klartext zu schreiben.
Der Konjunktiv (II) bezeichnet die Nichtwirklichkeit (das Irreale) und steht vor allem in Nebensätzen.
Meine Empfehlung: Du solltest deine Texte … falsch! Überprüfe deine Texte nach Konjunktiven und streiche jene, die nicht unbedingt notwendig sind. Das würde deine Texte … falsch! Das macht deine Texte viel stärker und prägnanter, als wenn du ständig in der Möglichkeitsform herumeierst.
4. Unpersönliches
Man – im schlimmsten Fall sogar im Zusammenhang mit „sollte, könnte oder müsste“. Das klingt sehr unpersönlich und schreit nach deinem „Ich“. Wenn du viele „mans“ und „wirs“ im Text hast, dann weg damit. Einzige Ausnahme: Du setzt sie bewusst als stilistisches Mittel ein.
5. Ineinander gestapelte Schachteln
Du weißt nicht mehr, was du zum Beginn des Satzes gesagt oder geschrieben hast? Die Grammatik und die Punktation entgleiten dir, weil du so viele verschachtelte Nebensätze jonglieren musst? Dann ist es Zeit, dreinzuschlagen und die langen Satzkonstruktionen in mehrere kürzere Sätze aufzuteilen.
6. Füllwörter
Denn, also, eigentlich, echt, nun, sicher, ja, eh, puh, halt, auch, doch, dann, zumindest, ziemlich, vielleicht, jedoch, sogar, möglicherweise, irgendwie und überhaupt …
Wenn du diese Wörter einsetzt, dann bewusst (als Stilmittel) und nicht inflationär! Dein Text wird sofort besser, wenn du die überflüssigen und dir oft unbewussten Füllwörter minimierst.
7. Exzessiver Einsatz von Denglisch
Vorweg zur Klarstellung: Ich habe nichts gegen englische Begriffe bzw. Wörter aus anderen Sprachen, die in die deutsche Sprache aufgenommen werden. Es gibt viele, die ich auch selbst verwende: Team, Computer, Notebook, Job, Babysitter, Newsletter, Blog, googeln, flirten, interviewen, um nur einige zu nennen. Und natürlich Bullshit!
Mich nerven jedoch Begriffe und Phrasen, die entweder im Englischen etwas komplett anderes bedeuten oder die offensichtlich nur daher eingesetzt werden, weil sie besser klingen und so die mageren und diffusen Aussagen verschleiern sollen.
Bereit für einige (leicht abgeänderte) Originalzitate?
Du darfst deine Painpoints finden, dein Mindset shiften und deine Mindfucks clearen. Wenn du arg struggelst, dann empfehle ich dir: Relax into power und gönn dir einen deep-dive! Zusätzlich searchst du deinen gechannelten life-purpose.
Für mehr Soulclients! Als extra Learning bekommst du die Moneyfestation-tools on-top. Und im sacred Retreat bei den earth-cheerishing cultures worken wir am inner Leadership, am higher-self und healen deine Soulfragments, damit die inner Goddess in dir rised! Mach den deep-leap!
Autsch!
Meine Empfehlung: Setze englische Begriffe und Redewendungen nur dann ein, wenn du genau weißt, was diese Wörter im Englischen bedeuten. Keinesfalls solltest du mit einem Bodybag (Leichsack) zu einem Public Viewing (öffentlichen Leichenschau) gehen, es sei denn, du bist ein Undertaker (Bestatter). Im Zweifelsfall „darfst“ du, nein, musst du recherchieren und im Wörterbuch nachschlagen.
Verwende Begriffe nicht inflationär oder als Verschleierungstaktik, um zu „hiden„, falsch: um zu verstecken, dass sich hinter den Aussagen nur „heiße Luft“ befindet. Es mag zwar modebedingt gut klingen, aber es wird niemals mehr sein als ein „fart in a windstorm“ (wie mein lieber Mann dazu sagt).
8. Sinnlose Phrasen – viel heiße Luft – und salbungsvoll dazu
So wie bei „dürfen“ beobachte ich auch eine Epidemie der salbungsvollen Phrasen:
- in deine Kraft, Fülle oder Erleuchtung kommen
- die Unendlichkeit in dir finden
- in der Liebe erwachen oder in der ansteckenden Gesundheit
- ins pure Sein kommen
- spirituelles Geldbewusstsein aufbauen
- das musst du dir wert sein
- deine Beziehung zu Geld heilen …
Um meine eigene Heilkompetenz zu testen, habe ich den – zugegebenermaßen – exaltierten Titel „Die Beziehung zu deinen Unterhosen heilen“ für einen meiner Newsletter verwendet. Das eigentliche Thema war: „Unterwäsche ausmisten„.
Um noch ein wenig dicker aufzutragen, habe ich drei Geheimnisse angekündigt, wie man diese „Heilung“ hinbekäme. Ich erhielt (zu Recht!) mehrere verständnislose Anfragen, was ich denn damit meine. Das hat mich beruhigt.
Apropos Geheimnisse:
Sprich nur und wirklich NUR dann von „Geheimnissen“, wenn du entweder ein Märchen schreiben willst oder tatsächlich im Besitz von Wissen bist, das noch niemandem bekannt ist UND das du auch teilen möchtest!
Tipp: Die drei Geheimnisse eines erfolgreichen Online-Businesses gehören nicht dazu!
Mein eindringlicher Rat: Frag dich zuallererst und immer: Was will ich damit sagen? Und wie erkläre ich das in wenigen und einfachen Sätzen einem 8-jährigen Kind oder den eigenen Großeltern?
Im Zweifelsfall: Übersetze die so „cool“ klingenden denglischen Phrasen ins Deutsche – oder versuche es zumindest. Spätestens dann wirst du erkennen, was du bedenkenlos ausmustern kannst.
8. Bullshit
Bereit für Bullshit? Yeah! Mega! Geil! Let’s have some fun! Hier geht’s zum Bullshit-Generator und ich habe ihn todesmutig angeworfen:
To wander the story is to become one with it. Consciousness consists of atomic ionization of quantum energy. “Quantum” means a refining of the internal.
Have you found your myth? If you have never experienced this reimagining devoid of self, it can be difficult to believe. It can be difficult to know where to begin. How should you navigate this mythic universe?
Who are you? Where on the great path will you be reborn?
https://sebpearce.com/bullshit/
Beipackzettel-Hinweis: Wenn du den Bullshit Generator nicht verstehst, ist das völlig in Ordnung! Wenn du das Zitat – trotz gewissenhaften Lesens dieses Artikels – verstehst, dann benachrichtige mich sofort in Form eines Kommentars.
Wenn dir der Artikel gefallen hat und du außer bestimmten Wörtern auch physische Dinge ausmisten möchtest, dann lade dir das geniale „121-Dinge-PDF“ herunter. Diese Liste enthält 121 Dinge (sortiert nach Bereichen bzw. Räumen), die du garantiert nicht mehr brauchst. Inklusive Kurzanleitung, wie du am besten beginnst. Hake Punkt für Punkt ab und befreie deinen Haushalt und dich von unnötigen Sachen, die dir im Weg sind.
Wenn du mehr von mir lesen möchtest, dann lade ich dich herzlich ein, meinen Newsletter zu abonnieren. Er ist zu 100% bullshit-free und hat den riesigen Vorteil, dass du neben vielen außergewöhnlichen Ausmist-Tipps auch immer alles zuerst erfährst: Die Berichte meiner legendären 12-von-12-Spaziergänge, die Wohngespräche, Blogparaden-Artikel, Aktionen und Challenges, uvm.
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