Kerstin Salvador: Das Raumwunder am Prenzlauer Berg

Kerstin Salvador ist freie Lektorin, Autorin und Übersetzerin und lebt mit ihrer Frau Nadja, einer Malerin, im Herzen Berlins. Hier ist ihre Geschichte:

Unser schnuckeliges Heim

Das ist es, unser kleines, schnuckeliges Heim, seit knapp sieben Jahren. Mitten im Zentrum Berlins, Ecke Schönhauser Allee, im Bezirk Prenzlauer Berg. Vorher habe ich in einem wunderschönen Lehm-Fachwerkhaus im Grünen, am Stadtrand von Berlin gewohnt.

Aber als ich Nadja kennenlernte, war die schöne Wohnung in dem Häuschen leider zu klein für uns beide. Sie bestand aus nur einem großen, hohen Raum auf zwei Ebenen mit Küche und Bad.

Büro mit Schlaf- und Wohnbereich – und trotzdem viel Platz!

Am Anfang dachten wir noch, dass es ideal sei, eine Stadt- und eine Landwohnung fürs Wochenende zu haben, aber in der Realität stellte sich das als zu umständlich heraus, ständig den Kühlschrankinhalt samt Arbeits- und Malsachen hin- und herzutragen. Irgendetwas fehlte immer.

Wohnungsauflösung meines Landidylls

So habe ich meine Landwohnung die ersten Jahre über Airb’n’b vermietet und war immer nur dort, um Gäste zu begrüßen und anschließend zu putzen. Seit diese Form der Vermietung in Berlin verboten wurde, habe ich mich dazu entschlossen, den idyllischen Landsitz aufzugeben.

Kein leichter Schritt in der schier ausweglosen Wohnsituation in Berlin mit viel zu wenig Wohnraum. Wer weiß denn schon, ob eine frische Liebe auch hält und ein Zusammenzug in eine gemeinsame Wohnung funktioniert?

Kerstins Arbeitsplatz mit Blick auf den Balkon und den Himmel über Berlin.

Nadja wohnt in dieser Zweiraumwohnung im vierten Stock schon seit 1996. Sie ist Künstlerin, Malerin, und ihre Atelierwohnung war voll eingerichtet, mit Bildern überall. Wie sollte ich als Büchermensch, mit Bücherregalen bis unter die Decke, hier Platz finden?

Wir waren auf der Suche nach einer bezahlbaren Dreiraumwohnung mit einem hellen Atelier und einem Büro für mich. Aber für zwei Freiberuflerinnen war das bei den stark gestiegenen Mietpreisen und dem knappen Wohnraum leider utopisch.

Neugestaltung der Stadtwohnung

So haben wir gemeinsam beschlossen, die Wohnung neu zu gestalten, damit wir uns beide darin wohlfühlen. Wir haben sie komplett leer geräumt, unsere Sachen eingelagert und zwei Wochen woanders gewohnt.

Mit dem Vermieter haben wir vereinbart, neue Böden zu verlegen bzw. die alten Dielenböden im Atelier abzuschleifen. Die Kosten haben wir uns geteilt. Dann haben wir in einer Streichparty mit Freund*innen alle Räume in unterschiedlichen Farben gestrichen. Das hat zusammen viel Spaß gemacht und ratzfatz waren wir fertig.

Großformatige Kunst im Büro, natürlich von Nadja Schüller-Ost

Gemeinsam haben wir sie Stück für Stück nach unseren Bedürfnissen eingerichtet. Vorher habe ich mich von vielen Möbelstücken, persönlichen Sachen und vor allem von der Hälfte meiner Bibliothek getrennt. Vieles habe ich über Ebay-Kleinanzeigen verkauft oder über nebenan.de verschenkt.

In unserer Zweiraumwohnung ist ein Raum Nadjas Atelier, der zweite Raum ist unterteilt in Büro, Schlaf- und Wohnbereich. Das funktioniert ganz wunderbar und es gibt auch noch einen liebevoll bepflanzten Balkon mit Blick über die Dächer Berlins, den wir im Sommer viel nutzen. Zugegeben, es ist sehr laut an einer viel befahrenen Kreuzung mit oberirdischer U-Bahn (Berliner Besonderheit) und einer bimmelnden Tram. Dit is Berlin …

Oben Schlafzimmer, unten Wohnbereich.

Die Räume in der Altbauwohnung sind sehr hoch und eignen sich bestens für ein Hochbett, das Nadjas Vormieter vor dreißig Jahren schon einbauen ließ. Wir haben es weiß gestrichen. Dadurch wirkt es heller und transparenter. Es ist groß genug für ein Doppelbett samt Bücherregal. Darunter steht unser Sofa, auf dem sogar Gäste Platz finden. Unsere Wohnung ist ein Raumwunder, jeder Bereich ist genau durchdacht und der Raum wirkt trotzdem großzügig und offen.

Unsere Wohnung als Co-Working-Space

Unsere Wohnung ist gleichzeitig unser Co-Working-Space. Hier können wir kreativ und hoch konzentriert arbeiten und genießen die Nähe der anderen. Auch wenn Nadjas Tätigkeit als Malerin und meine als freie Lektorin, Autorin und Übersetzerin vordergründig nicht viel gemein haben, so ist für uns beide die Sichtbarkeit über die sozialen Medien zu Marketingzwecken wichtig. Mittags kochen wir gemeinsam oder abwechselnd und tauschen uns dabei über Reels, Posts, Website-Erstellung, Bloggen und Newsletter aus.

Nadjas Atelier

Bei der Vorbereitung und dem Aufbau von Ausstellungen sind wir inzwischen ein eingespieltes Team. Nadja freut sich, dass sie für ihre Ausstellungstexte gleich eine Lektorin an ihrer Seite hat. Schließlich müssen die vielen großformatigen Bilder verpackt und vier Etagen ohne Fahrstuhl transportiert werden. Kette bilden und Hand in Hand arbeiten, so geht es ganz gut.

Hier malt Nadja.

Hausgemeinschaft zu dritt

Im letzten Jahr ist zwei Etagen unter uns eine Wohnung frei geworden und Nadja konnte ihre 84-jährige Mutter zu uns holen. So ist sie in unserer Nähe und wir können sie besser versorgen. Wir mögen unsere Hausgemeinschaft und fühlen uns alle drei wohl damit. Langfristig wünschen wir uns allerdings eine ruhigere Umgebung.

Wir liebäugeln gerade mit Leipzig, das ein großes kulturelles Angebot hat, aber nicht so laut und anstrengend wie Berlin ist. Bestimmt können wir unsere begehrten zwei Wohnungen im Herzen Berlins gewinnbringend einsetzen für einen Wohnungstausch. Es eilt aber nicht. Wir denken an einen Zeitraum von 3 bis 5 Jahren.

Kerstin und Nadja auf dem Balkon (Foto: Philine Bach)

Kerstin Salvador

Kerstin Salvador, geboren 1970 in Brühl, ist gelernte Buchhändlerin und studierte Germanistik und Romanistik in Bonn. Mit Zwischenstopp in München und Rapallo, Italien, lebt sie seit 2003 in Berlin. Sie war viele Jahre angestellte Produktmanagerin und Lektorin in Fachverlagen, bevor sie sich 2011 als freie Lektorin für Fachbücher, Autorin von Lehrwerken für DaF und Übersetzerin aus dem Italienischen selbstständig machte.
https://www.kerstin-salvador.de

Nadja Schüller-Salvador

Nadja Schüller-Salvador (Künstlername: Nadja Schüller-Ost), geboren 1970 in Zwickau, ist freischaffende Künstlerin und Malerin von farbgewaltigen Bildern. Sie lebt und wirkt seit 1994 in Berlin.
https://nadjaschuellerost.com

Hier geht’s noch zu mehr Wohngesprächen:

20 Gedanken zu „Kerstin Salvador: Das Raumwunder am Prenzlauer Berg

  1. Liebe Susanne, liebe Nadja, vielen Dank für den Einblick in eure Liebesbeziehung und euren Farbenrausch in eurem Platzwunder! Alles sieht so urgemütlich aus! Ich finde die Idee schön, umzusiedeln. Weiter zu ziehen, wenn das Leben es einem von innen her zuruft. Viele Menschen machen diesen Schritt nicht, weil es ja auch sehr viel Mut erfordert, sich woanders komplett neu wieder einzufinden. Auf jeden Fall hätte ich Lust, bei euch auf einen Kaffee vorbei zu kommen, für den Fall, dass es mich nach Berlin verschlägt.

  2. Liebe Kerstin, liebe Nadja, liebe Uli,

    da habt Ihr etwas angerichtet… Die Beschreibung Eurer kleinen Wohnung und die Fotos dazu haben mich so sehr inspiriert, jetzt auch die meine so richtig schön und bewohnbar zu machen. Jeden Raum in einer anderen Farbe streichen – WOW!

    Es gab doch mal diesen Werbeslogan eines großen skandinavischen Möbelhauses: „Wohnst du noch oder lebst du schon?“ – das letztere scheint bei Euch der Fall zu sein. Und das hast Du, liebe Kerstin, ganz wunderschön in Worte gefasst.

    Mit begeisterten und hochmotivierten Grüßen vom Dorf,

    Sabine

  3. Ich bin schwer begeistert, wie schön eure gemeinsame Wohnung ist, und wie aufgeräumt-gemütlich!

    Ich glaube, ich hätte mich nie von so einem großen Teil meiner Bücher trennen können. Ich übe gerade, und „minimalistisch“ ist bei mir nur der ausgemistete Haufen …
    Liebe Grüße, Manuela

    1. Danke für dein Feedback! Ich finde auch, hier wurden wenige Quadratmeter optimal ausgenutzt – und so künstlerisch ausgestattet!
      LG – Uli

    2. Vielen Dank, liebe Manuela. Das „aufgeräumt“ täuscht, auf meinem Schreibtisch herrscht meistens Chaos, aber ich finde mich trotzdem zurecht und brauche das …
      Es ist mir damals ganz schön schwergefallen, mich von meinen geliebten Büchern zu treffen und ich vermisse sie manchmal. Früher wusste ich blind, welches Buch wo stand. Aber was soll’s, sie hätten hier nicht in die Wohnung gepasst. So ist das eben.
      Liebe Grüße
      Kerstin

  4. Was für ein wunderbares Blogformat. Ich bin verliebt!! Und danke an Kerstin und Nadja für diesen Einblick in ihr kleines großes Reich. Wenn ich das nächste mal im Prenzlberg unterwegs bin, werde ich an die beiden denken. Bin gespannt, was die Wohngespräche noch so bereit halten.

    1. Vielen Dank, liebe Birgit! Und genauso soll es sein, dass man sich die Wohnungen so gut vorstellen kann, als wäre man auch selbst dort.
      LG – Uli

    2. Ich mochte das Format auch sehr und finde Ulis Idee zu dieser schönen Rubrik ganz wunderbar. Hat wirklich Spaß gemacht, diesen Artikel zu schreiben und die anderen zu lesen.

  5. Liebe Uli,
    ich bin ganz begeistert von deinen Wohngesprächen! Es ist beeindruckend, wie Kerstin und Nadia aus ihrem begrenzten Platz einen Wohn- und Arbeitsraum geschaffen haben, in dem sich beide wohlfühlen.

    Liebe Grüße,
    Angelika

  6. What a clever use of limited living space and how nicely decorated, too. Having grown up in a city larger and louder than Berlin , I know how annoying and distracting ambient noise can be, especially when you need to concentrate on your work so you can eat and pay the rent.. But I wouldn’t trade city living with all its conveniences for a roomy country place and its isolation. All I’d suggest is soundproof windows or, if that fails, soundproof headphones. They’ll do the trick!

  7. Wunderbar … ich bin begeistert. Das macht mir richtiggehend Lust, auch mein Häuschen in all seinen Winkeln und Ecken neu zu inspizieren und sinnvoll zu gestalten. Wohnen als lebenslanger Prozess. Die Bedürfnisse verändern sich und mit ihnen die Wohnumgebung. Unglaublich welche Lebensqualität sich auf kleinstem Raum entfalten kann, wenn man sich ernsthaft damit befasst. Kerstin und Nadia ihr habt euch damit eine fabelhafte Umgebung geschaffen, die für viele von uns Vorbildcharakter hat.

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